Wo ist Roy?“, brüllt einer. Woher soll ich wissen wo Roy ist? Ich habe nicht die geringste Ahnung und warum brüllt er so, es ist doch schon alles viel zu laut. Schon wieder: „Wo verdammt, ist Roy?“ Ein Höllenlärm. Geht das nicht wirklich ein bisschen leiser, das will ich gerade fragen, da höre ich eine sich überschlagende Stimme: „Fuck, das war nicht alles, die kommen wieder! Die kommen wieder! Das war nicht alles! Sicher du die rechte Flanke!“ Was soll ich flanken? Was soll ich sichern? Warum ich? „Verdammt, wann kommen die F16? Wenn man die Jungs mal braucht, liegen sie bei Mutti!“ „Wo ist Roy?“ „Siehst du den Schatten auf 43 Grad?“ „Ich sehe dich, Bastard, komm nur, komm.“
Hört mal Leute, immer einer nach dem anderen, was ist das überhaupt für ein aufgeregtes Durcheinander, geht das nicht echt ein bisschen leiser, mein Kopf dröhnt schon. „Auf neun Uhr nähert sich ein Pick-Up! Seht ihr den?“ Ich sehe nix, bin völlig überfordert, das ganze Gebrüll strengt mich wahnsinnig an. Wie bin ich da überhaupt reingekommen? „Hast noch´n Magazin für mich?“ Was willst du? Ich hab jetzt keine Lust, um diese Zeit nach einem Magazin zu suchen, wenn du lesen willst, dann kauf dir eins. Mir ist das alles jetzt zu viel, viel zu viel. „Roy hat´s erwischt! Fuck, Roy hat´s erwischt!“, schreit einer. „Bringt ihn runter, bringt ihn runter!!“, schreit ein anderer. „Was machen wir in diesem verfickten Libanon?“, brüllt jemand.
Mein Kopf hämmert langsam unerträglich. Libanon? Was weiß ich denn? Warum seid ihr nicht nach Mallorca? Diese Hektik, dieses ständige Gebrülle und Gequatsche, das Geratter von irgendwelchen Maschinenpistolen. Ja, bin ich denn auf einem Schießstand? „Scheiße, die zweite Welle, Sie kommen!“ „Herzlich willkommen, ihr Bastarde!“ „Komm ins Bett!“ Hä? Wer spricht? Wohin soll ich kommen? Ins Bett? Hört sich verdammt an wie die Stimme von Stefanie. Was macht denn meine Frau hier in dem Kampfgetümmel? „Wie geht´s Roy?“ brülle ich.
„Hey, hey, sach mal…nicht so laut, ich bin doch nicht taub“, sagt Stefanie – und dann Stille, erlösende Stille. Wie hat sie das gemacht? Oh – sie hat den Fernseher ausgeschaltet? Lieber Gott, ich danke dir. „Du und deine beknackten Actionfilme, jetzt komm ins Bett“ höre ich sie fürsorglich sagen. „Verdammt, ich bin doch echt eingeschlafen“, brabbele ich verstört, kratze mir meinen dröhnenden Kopf und erhebe mich stöhnend vom Sofa. „Erzähl mir was Neues“, sagt sie und geht zurück ins Schlafzimmer. Ich folge ihr benommen. Eine diffuse Sorge um Roy begleitet mich noch bis ins Bett.