Handy-Mandy
Ich laufe den Berg hoch. Oben angekommen verschnaufe ich auf einer Bank. Weiter vorne ist ein Aussichtspunkt, von einem Geländer aus hat man einen grandiosen Blick auf die kleine Stadt. Dort steht, mit dem Rücken zum Tal, ein junges Pärchen und eine Freundin, die sie mit ihrem Handy fotografiert. Sie wirkt ehrgeizig, bewegt sich mal leicht nach rechts, mal nach links, immer auf der Suche nach dem idealen Winkel. Ich schaue mir das vergnügt an, frage mich aber, ob ihr klar ist, dass das mit der hellen Mittagssonne im Rücken der beiden nichts werden kann? Sie fotografiert und fotografiert. Immer wieder schaut sie sich das Ergebnis auf dem Handy an und grübelt. Zufriedenheit sieht anders aus. Würde das Paar drei Schritte nach rechts treten und sich leicht drehen, stünden sie im Licht. Darauf kommt die Fotografin aber nicht. Sie denkt wohl, ihr Handy regelt das von selbst, die Wunderteile können ja zaubern. Beseitigen Falten, überflüssigen Speck, justieren schiefe Gesichter, bleachen Zähne, füllen Haare, da werden sie doch wohl noch aus schwarzen Gesichtern helle machen, oder was? Ich kann es nicht mehr mit ansehen und rufe: „Hey, Handy-Mandy! So wird das doch nix! Viel zu dunkel!“ Die Fotografin ist irritiert und wenig zugänglich, knurrt etwas von „Versuch“ und „meine Sache“, schießt noch mal ein Foto, dann verschwinden sie. Am nächsten Tag titelt die Passauer Neue Presse groß mit: „Alter weißer Mann belästigt junge Menschen!“