Danke, Corona

Man mag über Corona noch so schlecht reden oder denken wie man will, aber Clara hat sich plötzlich in eine Katze verliebt, Lukas die Freude am Kochen entdeckt, Katharina malt abstrakte Acrylbilder, Felix ist ein begeisterter Schachspieler geworden, Mario hat seine alte Modelleisenbahn wieder in Betrieb genommen, Jens und Pia haben sich einen Schrebergarten gemietet und Eddy und Uli ein Baby gezeugt. Dass Kevin plötzlich mit dem Stricken angefangen hat und Tanja jetzt in einer Latino-Combo trommelt, hat alle schwer beeindruckt. Ich habe endlich begonnen meine Augen für all die Dinge zu öffnen, die mir unangenehm sind, die ich ständig verdränge oder aufschiebe, Plagen wie Verträge, Policen, Kosten, Rechnungen, Vermächtnisse, Versprechungen, Zusagen, Absagen – und habe gestaunt, was ich alles im Leben mal unterschrieben habe. Ich las alte Liebesbriefe und spürte Schamesröte darüber, was ich einst fühlte und schwor.

Ich habe meinen Kleiderschrank inspiziert und Berge von Klamotten entsorgt, die mir schon seit Jahren nicht mehr passen. Ich habe alte Bierkrüge, Pötte und beispiellosen Kitsch aus meinen Schränken und Regalen entfernt, der nur noch als Staubfänger fungierte und ihn in den Müll geworfen. Ich habe alte Fotos, Dias, Negative, Videos, Langspielplatten, CD´s und Musikkassetten gesichtet und bin dabei auf herrliche Gefühle aus tiefster Vergangenheit gestoßen. Bei der nächsten Epidemie will ich endlich Klavierspielen lernen.