App-App, Hurra!

Danke, App! Mit dir ist das Leben jetzt so viel leichter. Du sagst mir, was ich falsch oder richtig mache, warnst mich vor Schnee, Regen und Wind, vor Kranken und geistig Armen, vor Blitzern und Blendern. Ein Freund von mir hatte letztens ein Date mit einer Frau, die auf ihrem Instergram-Account aussah wie Kirsten Dunst, in der Realität allerdings wie Cindy aus Marzahn. Mit meiner Dating-Warn-App wäre ihm das nicht passiert. Du gibst einfach ihren Namen ein und in Stichworten, was sie dir alles von sich erzählt hat, z.B. Aussehen, Maße, Charaktereigenschaften, Vorlieben, Talente und Sehnsüchte. In wenigen Sekunden erscheint das Ergebnis in Farbe. Rot heißt: Hände weg, Gelb: Unter Vorbehalt. Blau: Sie trinkt. Grün: Sie ist es! Mein Freund hat sich die App sofort runtergeladen, damit er beim nächsten Date besser vorbereitet ist. Ich wies ihn allerdings darauf hin, dass Frauen diese App auch nutzen, so weiß seine Kandidatin z.B. gleich, dass er schnell beleidigt ist.

App, App, hurra!

Ganz einfach doof in den Wald gehen und die Seele baumeln lassen, das war gestern. Nachdem mich eine Bekannte gefragt hatte, wie viele Kilometer ich denn täglich laufe und ich nur „Ich glaub, so etwa…keine Ahnung“ geantwortet habe, und sie einfach nicht begreifen konnte, dass ich das nicht wusste, wurde mir bewusst: ich bin out. Ehrgeizig wie Theresa ist, ließ sie auch nicht locker, wollte es unbedingt von mir wissen. Mir ist eigentlich wurscht, wer in welcher Zeit wie viel Kilometer läuft, diese stressige Phase meines Lebens habe ich hinter mir. Schien mir jedenfalls. Aber meine Neugier war geweckt. „Wie viel Kilometer läufst du alter Sack denn nun eigentlich wirklich, hä? Sag, sag! Was glaubst du, hä?“, hörte ich meinen hässlichen Gollum in mir fragen. „Sicher viel weniger als du Angeber denkst“, zischelte er. Schweig, alter Giftzwerg!

Ich schaute in meinem App-Store nach, was dort an sportmedizinischer Unterstützung angeboten wurde und entschied mich für eine App. Dank ihr weiß ich nun, dass ich heute 6, 33 Kilometer in einer Stunde und 23 Minuten (inkl. 6 Minuten Pause) walkte, davon 13:07 Minuten für einen Kilometer benötigte, mit einer durchschnittlichen Schrittlänge von 0,89 cm, dabei 377 Kalorien verbrauchte, 8345 Mal Luft geholt habe, 0,97 Liter Wasser verlor, drei Körpergasabfuhren hatte und einen Abrieb meiner Laufschuhsohle von 0,37 Millimeter verzeichnete.

Meine Gedanken galten mit 29 Minuten Anja Taylor-Joy, 19 Minuten meinem Rücken, 7 Minuten meinem Knie, 5 Minuten meiner Arbeit und drei Minuten meiner Blase. 3,72 Kilometer meiner Laufzeit habe ich auf meine Fußspitzen geschaut, 1,86 Kilometer auf Bäume, 0,35 Kilometer auf Weiden und Kühe und 11 Sekunden auf eine junge Joggerin. Der Rest meiner Blicke ging ins Nichts. Ach, und mein ökologischer Fußabdruck war 26,55 cm. Ist es nicht eine grandiose Errungenschaft, dass man das nun alles endlich weiß?